Die Welt steht still. Die Ausbreitung des Coronavirus hat beinahe jedes Land in einen Ausnahmezustand versetzt. Menschen in systemrelevanten Berufen geben ihr Bestes. Aus Angst das Virus weiter zu verbreiten, bleiben viele Menschen Zuhause und schränken ihre sozialen Kontakte erheblich ein. Kitas, Schulen und Universitäten sind geschlossen. Zahlreiche Unternehmen müssen ihren Betrieb vorübergehend einstellen oder auf ein Minimum reduzieren - Arbeitnehmer*innen fürchten um ihren Arbeitsplatz.
Denn wie es weitergeht, kann niemand wirklich sagen. Wann hat die Krise ein Ende, wann ist alles wieder normal? Wie lange muss ich noch im Home Office arbeiten, wie lange kann ich noch mit meinem festen Gehalt rechnen? Wird mein Urlaub im Oktober noch stattfinden? Wann kann ich wieder meine Freunde, Großeltern etc. treffen? Kann ich mich auf ein Praktikum, eine neue Wohnung oder einen neuen Job jetzt überhaupt bewerben? Diese Fragen stellen sich viele Leute. Doch die Antworten darauf sind ungewiss. Wie soll man damit umgehen?
,,Ich versuche nicht weiter an die Zukunft zu denken. Wir sind im Moment alle in einer schwierigen Situation. Es ist wichtig das zu akzeptieren ‘‘, sagt Jona positiv. Er habe seinen fünfwöchigen Urlaub bereits nach anderthalb Wochen abbrechen müssen. Nun sitze er in Berlin und habe nichts zu tun.
Natürlich sei das für ihn ärgerlich gewesen, zumal auch nur ein Teil der entstandenen Kosten übernommen wird. Im Endeffekt könne man aber eh nichts daran ändern. Jeder müsse sein Bestes geben, um die Situation so gut und so schnell wie möglich unter Kontrolle zu bringen. Währenddessen helfe es sich auf die positiven Aspekte des Zuhause Bleibens zu konzentrieren. Es ist nun möglich mehr Zeit mit der Familie oder dem Partner zu verbringen. Die freie Zeit zum Beispiel mit Sport oder Spaziergängen an der frischen Luft, mit dem Lesen eines Buches etc. zu genießen und den sonst so stressigen Alltag hinter sich zu lassen, etwas zu entschleunigen. In Zukunft zu erledigende Dinge vorzubereiten und Liegengebliebenes abzuarbeiten. Zudem könne man es auch als eine Art Neustart sehen, um sein Leben zu ordnen.
Doch inwiefern ist es möglich über das zukünftige Leben nachzudenken, wenn es nicht sicher ist, wann dieses wieder beginnen kann? Das fragt sich auch Christina. Sie hatte im Februar ein Praktikum begonnen, das sie aufgrund des Virus abbrechen musste. Ihre weiteren Praktika in den nächsten Monaten wurden darüber hinaus abgesagt. Einen neuen Plan kann sie nicht erarbeiten. Sie weiß nicht, was in zwei oder drei Monaten möglich sein wird, was sie dann machen kann. Das lässt sie nicht los. Zu gern möchte sie etwas haben, auf das sie sich nach der Zeit freuen kann.
Um sich abzulenken, konzentriert sie sich daher auf das Hier und Jetzt. ,,Ich versuche zu helfen, wo ich nur kann. Doch ohne medizinische Ausbildung ist das nicht ganz so einfach‘‘. Nun hat sie aber eine Stelle in einem Kinderheim gefunden, dass andernfalls hätte schließen müssen. ,,Ich habe das Gefühl, dass es gerade einfach meine Aufgabe ist‘‘, sagt sie. Es lenke sie zudem ab. Sie müsse die Situation einfach auf sich zukommen lassen, so schwer dies auch fällt.
Laura kann dies nur bedingt. Sie versucht sich zumindest einen groben Plan für die nächsten Monate zu machen. ,,Vielleicht ist es möglich, dass wir im Juli oder August wieder nach Italien fahren können‘‘, sagt Laura hoffnungsvoll. Sie hatte erst im Februar zusammen mit mir ihr Auslandssemester in Italien begonnen. Nachdem sich die Lage dort drastisch verschlimmerte, hatte sie Anfang März den Weg nach Hause angetreten. Seitdem würde sie jeden Tag darauf warten, dass sich die Situation in Italien verbessere und die Grenzen wieder öffnen würden. Ihre Wohnung hat sie nicht gekündigt, zu schmerzvoll sei der Gedanke, dass ihr Erasmus damit beendet sei. So schwelgt sie noch etwas in Nostalgie und hofft auf ein baldiges Wiedersehen im schönen Bologna.
So wie Laura, Jona und Christina geht es uns wohl allen zu dieser Zeit . Jede*r hat sich die aktuelle Zeit anders vorgestellt. So können wir in gewisser Weise einander ,,Trost’’ spenden.
Viele Schicksale sind aber viel härter, als die oben beschriebenen. Menschen sind erkrankt, trauern um einen Verstorbenen, können Angehörige, die im Heim leben nicht besuchen oder die aktuelle wirtschaftliche Situation raubt ihnen ihre Lebensgrundlage. Das sollten wir nicht vergessen.
Aus diesem Grund ist es wichtig, auch wenn unsere eigene Situation ärgerlich erscheint, diese so zu akzeptieren, wie sie ist und sich darauf zu fokussieren, wie wir unseren Beitrag leisten und diese herausfordernde Zeit als Gesellschaft überwinden können. Das ist die einzige Möglichkeit, die uns bleibt. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
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